Senntumsschnitzerei


Kategorie:
Traditionelles Handwerk
Kanton:

Beschreibung

Die Appenzeller und Toggenburger Senntumsschnitzerei, auch Chüeli-Schnitzerei genannt, hat sich im 20. Jahrhundert entwickelt. Anfänglich besteht sie fast nur aus Alpfahrten mit Geissbub, Ziegen, Geissmädchen, Sennen, Kühen, Bauer, Bläss und Lediwagen. Später kommen weitere Motive aus Brauchtum und bäuerlichem Alltag wie Silvesterchläuse, Blochfahrt, Streichmusik, Tanzgruppen, Holzen oder Käsen hinzu.

Das Schnitzen, das bei den Bauern als winterlicher Zeitvertreib zum Fertigen von Spielzeug für Kinder oder von Szenen auf den Chlausenhauben beginnt, wird bei vielen zum lukrativen Nebengeschäft. Die Schnitzereien sind beliebte Sammelstücke.

Die Form der Figur wird vorgesägt. Geschnitzt wird mit einem Messer, welches oft selbst, den eigenen Bedürfnissen entsprechend, angefertigt wird. Meist hilft die Partnerin beim Bemalen der durchschnittlich bis zu 15 Zentimeter grossen Figuren oder übernimmt diese Tätigkeit ganz.

Aktuell führt eine steigende Anzahl Schnitzer, neu auch Schnitzerinnen, mit individuellen, unverkennbaren Stilen die Handwerkstradition weiter. Dabei rekrutieren sie sich kaum aus den seit einiger Zeit auf Interesse stossenden Chüeli-Schnitzkursen, sondern es sind Autodidakten.

Der ausgeprägte persönliche Stil der Schnitzer unterscheidet sich stark von der im Handel erhältlichen Figuren zu Appenzeller Themen der Brienzer Holzschnitzerei. Diese sind maschinell in Serie gefertigt und nicht mit den einzeln, in Handarbeit entstandenen Senntumsfiguren vergleichbar.

Bildergalerie

  • Kuh und Senn mit gelben Hosen, geschnitzt 1894 von Johannes Müller (1806–1897) (Stein, 2015) © Hans Ulrich Gantenbein
  • Alpaufzug, geschnitzt 1953 von Alfred Forrer (1885–1988) (Stein, 2015) © Hans Ulrich Gantenbein
  • Ausschnitt eines Alpaufzugs, geschnitzt von Maurus Matter (1894–1991) (Stein, 2015) © Hans Ulrich Gantenbein
  • Senntumsschnitzer Heinrich Müller (1918–2005) (Urnäsch, um 1982) © Herbert Maeder, Fotograf, Rehetobel (Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden)
  • «Rüef de Bruune»: 148 Kühe aus verschiedenen Hölzern von Heinrich Müller (Urnäsch, 2017) © Walter Frick
  • Senntumsschnitzer David Locher (1915–2003) (Speicher, um 1982) © Herbert Maeder, Fotograf, Rehetobel (Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden)
  • Senntumsschnitzereien von David Locher (1915–2003) (Speicher, um 1982) © Herbert Maeder, Fotograf, Rehetobel (Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden)
  • Modell des Urnäscher Blochs von Emil Hugener (Urnäsch, um 1990) © Herbert Maeder, Fotograf, Rehetobel (Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden)
  • Schellenhuet, Nachbau einer Chlausengruppe; die Herstellung der Miniaturfiguren auf den Miniaturhüten und -hauben benötigt gleich viel Zeit wie die der Miniaturchläuse; geschnitzt von Markus Koller (Herisau, 2009) © Markus Koller
  • Konrad Zülle (1918–1988): Silvesterkläuse (Appenzeller Brauchtum), undatiert, Holz, bemalt, verschiedene Materialien, H: 13 cm © Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerisch Naive Kunst und Art Brut, St. Gallen, Sammlung Mina und Josef John
  • Jakob Müller (1922–2005): Landsgemeinde, 1993, Holz, bemalt, auf Holzplatte, 29 × 80 × 76 cm © Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerisch Naive Kunst und Art Brut, St. Gallen, Sammlung Mina und Josef John
  • Ulrich Bleiker (1914–1994): Doppelte Alpfahrtsspirale, um 1979, Zement, armiert, 120 × 88 × 75 cm © Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerisch Naive Kunst und Art Brut, St. Gallen, Sammlung Mina und Josef John

Videoaufnahmen

Der Senntumsschnitzer Samuel Frick (Urnäsch, 2005) © Esther Ferrari, Schnitt Walter Frick

Der Senntumsschnitzer Emil Hugner (Stein, 2013) © Esther Ferrari, Schnitt Walter Frick

Referenzen und Dossier

Publikationen
  • Bruno Bischofberger (Text), Roland Reiter (Aufnahmen): Die Schnitzarbeiten mit Sennischen Darstellungen. In: Volkskunst aus Appenzell und dem Toggenburg (Sammlung Bruno Bischofberger). Zürich, 1973, p. 170-191

  • Herbert Maeder: «Chüeli»- und Senntumschnitzerei im Appenzellerland und im Toggenburg. Ein Bildbericht. In: Heimatwerk, Nummer 2. Zürich, 1983, p. 1-43

  • Herbert Maeder: Senntumschnitzer. In: Schweizer Familie, 22. Februar 1984, p. 10-13

  • Brigitte Schmid-Gugler: Es ist wie Gemüserüsten. In: Ostschweiz am Sonntag, 7. Januar 2015, p. 19

  • Marcel Huwyler: Emmi schnitzt ihre Heimat. In: Schweizer Illustrierte, Nummer 14, 7. April 2017, p. 48-58

Dossier